Belgisches Gericht in Brüssel weist die Klage der Städteregion gegen den Weiterbetrieb von Tihange 2 ab
Am Donnerstag (03. September) ist die Klage der „Dreiländerregion gegen Tihange“ auf sofortige Stilllegung des maroden Atomreaktors „Tihange 2“ vor dem Gericht erster Instanz in Brüssel abgewiesen worden. Städteregionsrat Dr. Tim Grüttemeier bringt die Enttäuschung auf den Punkt: „Die StädteRegion Aachen, die Stadt Maastricht, die luxemburgische Stadt Wiltz sowie neun natürliche Personen, zwei Bundesländer und zwei Unternehmen aus der Region haben mit uns geklagt. Ich bin immer noch der festen Überzeugung, dass wir sehr gute Argumente vorgebracht haben, damit das gefährliche Spiel der Betreiber mit der Sicherheit von Millionen Menschen endlich ein Ende hat. Insofern enttäuscht dieses Urteil.“ Die Klagegemeinschaft will jetzt die detaillierte Urteilsbegründung analysieren.
Ein Gutes zieht Grüttemeier dann aber doch aus der langen und intensiven juristischen Auseinandersetzung um den Bröckelreaktor, der nur 60 Kilometer von Aachen entfernt steht: „Mittlerweile ist klar geworden, dass es zumindest für diesen gefährlichsten belgischen Meiler Tihange 2 keine Laufzeitverlängerung geben wird und er 2023 vom Netz gehen wird. Zwischenzeitlich war der weitere Betrieb ein konkreter Plan, den die Betreiber hatten. Damit ist für uns zumindest klar, dass die unerträgliche Situation der ständigen Angst vor einem Unfall im schon sichtbar in die Jahre gekommenen Atomreaktor in absehbarer Zeit ein Ende haben wird. Das ist sicher auch ein Erfolg unserer Klage, die von allen Fraktionen im Städteregionstag mit eingereicht und engagiert unterstützt worden ist“, so Tim Grüttemeier. „Ganz besonders danken möchte ich den tausenden Menschen, die über Ländergrenzen hinweg aktiv geworden sind und gegen diese Gefahr aufgestanden sind.“
Eine breite Allianz unter Führung der StädteRegion Aachen hatte schon Ende 2016 in Brüssel eine Klage gegen den Weiterbetrieb von Tihange 2 auf den Weg gebracht. Sie alle haben ihre persönliche Betroffenheit geltend gemacht und wegen einer Gefährdung von Leib, Leben und Gesundheit, die nach ihrer festen Überzeugung von Tihange 2 ausgeht geklagt. Zu den Klägern gehören auf der deutschen Seite die Vorsitzenden der im Städteregionstag vertreten Fraktionen, der Vorsitzende des Personalrates der StädteRegion, die Aachener Verlagsgesellschaft, Weiss Druck sowie die Bundesländer NRW und Rheinland-Pfalz. Sie alle eint auch heute noch die klare Forderung, Tihange 2 unverzüglich stillzuzulegen oder zumindest abzuschalten, bis die Sicherheit lückenlos und wissenschaftlich fundiert nachgewiesen wird. Die Klage richtete sich gegen den Belgischen Staat, die Föderalagentur für Nuklearkontrolle (FANC) sowie den belgischen Stromversorger und Betreiber der Atomkraftanlage Engie Electrabel.
Nachdem im Jahr 2018 in den Sicherheitsbunkern einiger Tihange-Reaktoren der Abbau von Beton sowie Anomalien in den Stahlverstärkungen festgestellt worden waren, hatte die Klagegemeinschaft Ende Dezember 2018 neue Argumente in das laufende Gerichtsverfahren eingebracht. Angeblich seien zwischenzeitlich Betonbunker saniert worden. Einen Sicherheitsnachweis gibt es indes auch heute noch immer nicht. Nach rund einem Jahr Stillstand ging Tihange 2 im Juli 2019 wieder ans Netz, musste aber wegen technischer Probleme schon Anfang Oktober 2019 wieder heruntergefahren werden. Mitte Juni 2020 fand die mündliche Verhandlung in Brüssel statt, bei der Klägergemeinschaft und Beklagte ihre Argumente vorgetragen haben.